Biodiversitätsäcker mit sozialen Zielen

Einleitung

Diese Fallstudie untersucht das nachhaltige Projekt der Familie Krauß in Halmlehen in Niederbayern. Der Betrieb Halmlehen von Familie Krauß liegt oberhalb des Inntals und wird seit 1984 nach den Richtlinien des Biokreis-Verbandes ökologisch bewirtschaftet. Betriebsschwerpunkt ist der Vetragsnaturschutz in VNP und KULAP und damit das Anliegen, Kulturpflanzen und Lebewesen in Einklang zu bringen. 

Klima- und Artenschutz betrifft sowohl konventionelle als auch ökologische Landwirtschaft! Und auch bei den Bio-Betrieben gibt es noch viel Luft nach oben!

Verwandte Module:
Name des Landwirts/Unternehmers oder der sonstigen Initiative
Felix Krauß
Jahr der Gründung der Initiative
2021 (Hofübergabe); 1984 (Ansiedlung der Eltern)
Standort
Niederbayern

Beschreibung des Beispiels

Der Betrieb Krauß befindet sich oberhalb des Inntals, und umfasst eine Fläche von 113 Hektar. Der 2021 übernommene Gemischtbetrieb zeichnet sich aus durch den Verzicht auf mechanische Unkrautbekämpfung, Intensivkulturen und Untersaaten. Dadurch werden auf diesen Flächen Insekten, feldbrütende Vögel und Ackerwildkräuter geschützt. Die Grünlandflächen dienen entweder als Weide für die Mutterkuh-Herde genutzt oder werden mit Schnittzeitpunkt extensiv bewirtschaftet.

Der Betrieb liegt 460m über N.N. Die Region ist durch sandig-tonige Böden (durchschnittliche Ackerzahl 35; 20 – 48), gemäßigtes Klima mit einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 860 mm gekennzeichnet.

Landwirtschaftliche Haupttätigkeit und multifunktionale Aktivitäten

Die primäre landwirtschaftliche Tätigkeit in ist die gemischte Landwirtschaft mit Rinderhaltung, Ackerland und Grünland. Der Betrieb integriert Anbau und Viehhaltung und nutzt dabei die Vorteile der vielfältigen Landschaft. Zu den multifunktionalen Tätigkeiten gehören die Bewirtschaftung von Weiden und Ackerland unter den Aspekten und Zielsetzungen der Biodiversität und Verbesserung der Böden. Darüber hinaus hat der Betrieb mehrere innovative Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit umgesetzt, wie z. B. die „Bio-Direktsaat“.

Kritische Herausforderungen für den Betrieb/die Region

  • Auswirkungen des Klimawandels (extreme Wetterbedingungen, Erosion, Wasserverfügbarkeit)
  • Verschlechterung der Bodengesundheit
  • wirtschaftlicher Druck auf die Landwirte.
  • Generationenwandel/ ruhende Betriebe

CSA-Aktivität

Grund für die Teilnahme an der CSA/ Auslösendes Moment für die Umsetzung

Als der Betrieb im Zuge der Hofübergabe 2020 vor der Frage stand, wie er mit Mütterkühen und Ackerbau in Zukunft weitergeführt und entwickelt werden soll, gab es mehrere Optionen: entweder die Intensivierung des Ackerbaus mit Hacktechnik, GPS und eine Ausweitung der Hackkulturen, oder der Einstieg in eine zusätzliche Tierhaltung wie Legehennen oder Mastschweine. Oder die Alternative die Extensivierung und damit hergehend der finanzielle Ausgleich durch Fördergelder.

Der Betrieb setzt sich aus 88 Hektar Acker und 25 Hektar Grünland zusammen, von denen lediglich 7 Hektar Grünland eigen sind. Die Hälfte der Ackerflächen weisen eine starke Hangneigung auf und lassen intensive Pflegemaßnahmen wie Hacken wegen der Gefahr der Erosion durch Starkregen kaum zu. Die Investition in eine große Tierhaltung schied aufgrund der geringen Eigenflächen und der Abhängigkeit von den Pachtflächen ebenfalls aus.

Um den Betrieb aus der Ansiedlung 1984 zu entwickeln und wirtschaftlich zu führen, entschied sich die Familie Krauß dazu, die Flächen möglichst extensiv zu bewirtschaften, da Kapital und Technik noch nicht vorhanden waren. Sie stellten daher gleich zu Beginn auf Bio um und versuchten durch viel Eigenleistung im Gebäudebau und kostengünstige gebrauchte Technik Geld zu sparen.

Beschreibung der Innovation

Das Programm VNP „Extensive Ackernutzung für Feldbrüter und Ackerwildkräuter“ließ sich ohne große Bewirtschaftungsumstellung im Betrieb integrieren, mit dem einzigen Wermutstropfen, in Zukunft ohne Untersaat arbeiten zu müssen.

In der Fruchtfolge Kleegras-Hafer-Dinkel-Ackerbohnen-Winterroggen hatten wir schon viel Erfahrung mit dem Verzicht auf Striegeln gesammelt und waren zuversichtlich, trotz vieler Auflagen adäquate Feldbestände zu erreichen, ohne im „Unkraut“ zu versinken. Viele Landwirte können sich keine 5-jährige Vertragsbindung mit so massiven Bewirtschaftungsauflagen vorstellen, aber durch die Bio-Richtlinie sowie langjährige Pachtverträge und Agrarumweltprogramme hatten wir schon viel Erfahrung mit externen Vorgaben und konnten sowieso nie als „freie Bauern“ wirtschaften. Deshalb fiel uns die Entscheidung für das H11 auch nicht schwer. Jedoch gaben wir „nur“ 45 Hektar unter Vertrag, um noch flexibel zu bleiben. Im Nachhinein hätten wir alle Flächen unter Vertrag nehmen sollen, da wir dort genauso wirtschaften wie auf den H11-Flächen. Des Weiteren lassen wir uns Blühflächen, Brachlegung auf Äckern, Schnittzeitpunkte auf den Wiesen sowie Streuobstbäume fördern.

  • Wissensaustausch: Organisation von Workshops und Schulungen für Landwirte zu verschiedenen CSA-Praktiken, darunter Wassermanagement, Verbesserung der Bodengesundheit und integrierter Pflanzenschutz (ipm).
  • Technologieeinführung: Förderung des Einsatzes von Technologien, die nachhaltige Praktiken fördern, wie z. B. Deckfrüchte, Präzisionsbewässerung und konservierende Bodenbearbeitung, die zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen können.

Umsetzungsprozess der Innovation & angewandte Methoden des Innovationsmanagements

Felix Krauß ist zum einen in das eigene regionale und überregionale Netz von Landwirten eingebettet.

Im bestehenden Förderrahmen gibt es Bedarf und Möglichkeiten aus der Praxis heraus.

Neben dem Austausch und der Einbindung in Förder- und Forschungsprojekte ist dem Landwirt daher insbesondere der offene Austausch und die gemeinsame Weiterbildung unter Berufskollegen wichtig.

Es entwickelt sich eine Aufwärtsspirale über das „Machen“, dass aufgrund der vorhandenen Erfahrung bereits ambitionierter ist als pures Verfahren nach „Versuch und Irrtum“.

Heutige Ergebnisse dieser Implementierung

Von Milchziegen und -kühen mit eigener Käseherstellung entwickelte sich der Hof hin zu Mutterkuhhaltung mit Ackerbau.

Die Fördergelder der Agrarumweltmaßnahmen und Flächenprämien stellten immer einen großen Anteil des Betriebseinkommens dar und waren oft die einzig kalkulierbare Einkommensquelle bei schwankenden Preisen und Erträgen.

2020, ein Jahr vor der Hofübergabe, fiel die Entscheidung auf Extensive Ackernutzung für Feldbrüter und Ackerwildkräuter. Die Förderkriterien umfassen grob den Verzicht auf Intensivkulturen, Unkrautregulierung und Untersaat. Außerdem ist eine Bewirtschaftungsruhe nach der Aussaat im Frühjahr bis 30.6. eines Jahres einzuhalten.

Damit werden folgende Ziele verfolgt und erreicht:

  • Bewältigung der klimatischen Herausforderungen: Förderung von Praktiken, die die Biodiversität und Qualität der Böden erhöhen, wie z. B. die Verbesserung der Bodengesundheit zur Kohlenstoffbindung und Verringerung der Erosion.
  • Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Steigerung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe durch verbessertes extensives Ressourcenmanagement mit potenziellem Zugang zu Marktvorteilen durch Nachhaltigkeitszertifizierungen.
  • Verbraucherpräferenzen: Reaktion auf wachsende Nachfrage nach nachhaltig erzeugten Lebensmitteln.
  • Externe Effekte: Blühende Landschaft, Naturschutz

 

SWOT des Beispiels heute

Stärken

Bewältigung kritischer Herausforderungen des Klimawandels

Förderung klimafreundlicher und nachhaltiger Praktiken

Aufbau von Kompetenzen und Wissen unter den Landwirten

Potenzial zur Marktdifferenzierung durch Zertifizierung

 

 

Schwachstellen

(noch) Abhängigkeit von öffentlichen Förderrahmen

Sicherstellung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und Erschwinglichkeit verschiedener boden- und biodiversitätsschonender Technik

Möglichkeiten

Wachsendes Interesse der Verbraucher an nachhaltigen Produkten

Ausbildung/ Schulung der Betriebsleitung

Die umfangreiche Erfahrung des Hofbesitzers und seine Bereitschaft, innovative Lösungen anzunehmen, spielten eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung.

Neben dem Praxisaustausch mit Pionieren nicht nur der Bio-Branche spielt die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Beratungsdiensten eine Rolle beim Kapazitätsaufbau für den Landwirt. Diese Institutionen können Fachwissen über CSA-Praktiken und effektive Methoden zur Wissensverbreitung an Landwirte bereitstellen.

Das Wissen wird am Ende aus der Praxis und in der Praxis generiert werden.

Landwirtschaft ist lebenslanges Lernen und Anpassen.

Ausblick/ Ziele

  • In der Tierhaltung hat die hofnahe Tötung es nun ermöglicht, ein Rind im Herdenverband ohne Transport stressfrei zu schlachten. Diese Art der Fleischerzeugung kommt bei den Kunden sehr gut an. Die geschlachteten Rinder werden komplett verwertet und als Mischpakete ab Hof verkauft.
  • Felix Krauß könnte sich gut vorstellen am Hof auch eine Soziale Landwirtschaft zu integrieren. Dabei geht es um eine Verbindung von Landwirtschaft mit pädagogischer und sozialer Arbeit. Solche Landwirtschaftsbetriebe bieten Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine Heimat, in der Rehabilitation, Therapie und Integration großgeschrieben werden. Im Zentrum steht dabei „Arbeit, die Sinn macht“ und den Beteiligten durch Erfolgserlebnisse Zuversicht und Selbstvertrauen bringt.
  • Für Felix Krauß schließt sich so der Kreis mit seinen frühen Ideen und Plänen – und so steht er für ein schlüssiges und in sich stimmiges Verständnis von Landwirtschaft, das nicht nur auf Produktion von Lebensmitteln, sondern auf das gute Leben und Miteinander ausgerichtet ist.

Gelernte Lektionen/Empfehlungen

Der Boden muss so bewirtschaftet werden, dass die Kulturpflanze sich schneller entwickeln kann als die Ackerwildkräuter.

Ein flächendeckender Ackerkräuterbestand ist eine kostenlose Untersaat und ein reichhaltiges Buffet für über- und unterirdische Bewohner.

Die Ackerkräuter zeigen auch Bewirtschaftungsfehler auf und geben Hinweise, welche Pflanzenarten oder Nährstoffe der Boden vielleicht bräuchte.

Es war auch nie der Gedanke des ökologischen Landbaus, seine Felder mit Hack- und Striegeltechnik komplett „unkrautfrei“ zu halten, vielmehr sollte die Artenvielfalt auf großer Fläche unser Motto sein und nicht nur ein schmaler Blühstreifen am Feldrand.

Ergebnis, Erfolg und Risikofaktoren

Wie sieht die heutige Situation aus?

Durch die extensive Bewirtschaftung und auch Bewirtschaftungsruhe ergibt sich freie Arbeitszeit, die der Landwirt für andere Tätigkeiten verwenden kann.

Die Kulturen Hafer, Dinkel und Roggen sind sehr konkurrenzstark und schaffen es so, die Unkräuter gut zu unterdrücken.

Düngung und Kalkung erfolgt meistens zur Zwischenfrucht in den Bestand oder vor der Saat im Frühjahr.

Vom Kleegras wird der erste Schnitt für die Mütterkühe siliert und alle weiteren werden gemulcht und auf der Fläche gelassen, um den Boden zu füttern.

Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Betriebskonzeptes, den Boden immer grün zu halten und das Bodenleben zu versorgen. Dabei spielt die Bodenruhe im Kleegrasjahr eine große Rolle. Nach Roggen kommt das Kleegras mit Weidelgras und Schwedenklee. Danach folgt das eigentliche Erntejahr, mit mindestens drei Schnitten, bis dann im nächsten Frühjahr der Sommerhafer kommt.

Abhängigkeit von jeglicher Art von laufender Unterstützung/Subvention?

Öffentliche Mittel und Subventionen machen einen erheblichen Teil des Betriebsergebnisses aus. Die Mittel fließen stets aufgrund des operativen Wirtschaftens.

Auf investive Zuschüsse und Förderungen wird stets verzichtet.

Abhängigkeit von spezifischen regionalen/ persönlichen Aspekten?

Der Fokus des Projekts legt nahe, dass ein solches Vorgehen stets auf die spezifischen klimatischen und landwirtschaftlichen Herausforderungen der jeweiligen Region zugeschnitten werden muss.

Anwendbarkeit in anderen Regionen/anderen Situationen.

Die von der EU und in diesem Fall dem Freistaat Bayern über KULAP und VNP geförderten CSA-Praktiken können auch in anderen Regionen angewandt werden, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, wie z. B. den Auswirkungen des Klimawandels, Wasserknappheit und der Verschlechterung der Bodenqualität. Allerdings müssen die spezifischen Technologien und Ansätze an die lokalen Bedingungen, Anbausysteme und die Verfügbarkeit von Ressourcen – nicht zuletzt auch den jeweiligen Förderrahmen – angepasst werden.

Schlussfolgerung

Das Projekt ist ein exemplarischer Schritt auf dem Weg zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Landwirtschaft und regionalen Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln.

Durch die Förderung des Wissensaustauschs versetzt das Projekt die Landwirte in die Lage, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, die Ressourceneffizienz zu verbessern und zur langfristigen Lebensfähigkeit der Landwirtschaft eingebettet in der jeweiligen Region beizutragen.