Agroforstwirtschaft

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Einleitung

Willkommen zum Climate Smart Agriculture (CSA) Lernmodul über Agroforstwirtschaft!

Obwohl Agroforstsysteme kein neues Phänomen sind, erhalten sie aktuell wieder mehr Aufmerksamkeit. Man erhofft sich von ihnen einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels, da sie soziale, ökonomische und vor allem ökologische Vorteile bieten. Agroforstsysteme können einen wichtigen Teil zu einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Entwicklung hin zu einer besseren Ernährungssicherung beitragen.

Finden Sie in diesem Modul heraus, warum!

Am Ende des Moduls werden Sie nicht nur wissen, was Agroforstwirtschaft ist, einen Überblick über die verschiedenen Formen und ihre Vorteile haben, sondern werden auch die Möglichkeit haben, Ihr Wissen in einem Quiz zu testen und in anderen Aktivitäten anzuwenden.

Lernziele

Lernziel 1
  • Wissen: Kennt grundlegende Fakten über Agroforstwirtschaft und ihren historischen Kontext
  • Können: kann die Merkmale erklären, die ein Agroforstsystem ausmachen.
  • Kompetenzen : ist in der Lage, die Bedeutung von Agroforstsystemen für eine klimagerechte Landwirtschaft zu verstehen
  • Bezug zum Inhalt : Was ist Agroforstwirtschaft?
  • Wissen: kennt die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile von Agroforstsystemen.
  • Können: kann den Mehrwert der Auswirkungen auf die Umwelt und die eigene Wirtschaftlichkeit verstehen.
  • Kompetenzen : ist in der Lage, die Vor- und Nachteile von Agroforst-wirtschaft abzuwägen.
  • Bezug zum Inhalt : Was sind die Vorteile von Agroforstsystemen?
  • Wissen: kennt die verschiedenen Arten der Agroforstsysteme.
  • Können: kann geeignete agroforstwirtschaftliche Systeme identifizieren
  • Kompetenzen : ist in der Lage, ein geeignetes Agroforstsystem für einen bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb auszuwählen.
  • Bezug zum Inhalt : Arten von Agroforstsystemen

Agroforstwirtschaft

Brainstorming

Was bedeutet Agroforstwirtschaft für Sie?

Erstellen Sie eine Mind Map, indem Sie die verschiedenen Punkte platzieren. Sie können sie später ergänzen und bei Bedarf korrigieren.

Sie können auch ein Whiteboard oder eine Tafel verwenden und die Punkte in der Klasse oder in Gruppen sammeln.

Was ist Agroforst?

Allgemein

Agroforstwirtschaft ist die gezielte Nutzung von Bäumen und Sträuchern in landwirtschaftlichen Systemen.

Die Fläche unter und um die Bäume und Sträucher kann für Gartenbau, Landwirtschaft und/oder für Tierhaltung genutzt werden.

Durch ihre Multifunktionalität bietet Agroforstwirtschaft einen ökologischen, ökonomischen und sozialen Mehrwert.

Obwohl Agroforstwirtschaft in jedem Klima und in jeder Umgebung anders aussieht, ist sie überall auf der Welt relevant, um die Probleme des Klimawandels besser bewältigen zu können.

Agroforstsysteme sind flexibel und können so gestaltet werden, dass sie den Zielen der Landwirtinnen und Landwirte entsprechen.

Historischer Kontext

Agroforstsysteme klingen zwar modern, sind aber eine sehr alte Form der Landnutzung.

In Deutschland waren sie z.B. bereits im Mittelalter in Form von Streuobstwiesen, Schneitelwirtschaft (Schneiden von Laubbäumen zur Futtergewinnung) oder Waldweide (z.B. Eichelmast mit Schweinen) weit verbreitet.

Mit zunehmender Industrialisierung wurden diese Bewirtschaftungsformen in Europa immer seltener. Mit der Intensivierung und Rationalisierung der Landwirtschaft wurden Bäume und Sträucher auf den Feldern zunehmend als störend empfunden und entfernt.

Nur in wenigen Nischen haben sich bis heute agroforstliche Elemente erhalten, z.B. in Form von Streuobstwiesen.

Moderne Agroforstwirtschaft

In letzter Zeit ist das Interesse an der Agroforstwirtschaft wieder gestiegen, da nach klimafreundlicheren und biodiversitätsschonenderen Anbaumethoden gesucht wird.

Moderne Agroforstsysteme unterscheiden sich von den alten Systemen dadurch, dass sie an die heutige landwirtschaftliche Produktionstechnik angepasst sind.

Ziel ist es, die Auswirkungen der Bäume auf die landwirtschaftliche Produktion so gering wie möglich zu halten, um eine wirtschaftlich wettbewerbsfähige Produktion von Vieh, Ackerfrüchten und Waldprodukten zu ermöglichen.

Baumartenwahl

Für die Auswahl der Bäume gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Kurzumtrieb: Umtriebszeit max. 20 Jahre, meist energetische Nutzung als Hackschnitzel, nach der Ernte werden die Stümpfe abgeschnitten
  • Rundholzproduktion: Umtriebszeit > 10 Jahre, Nutzung als Bauholz oder für Zaunpfähle
  • Edelholzproduktion: Umtriebszeit > 50 Jahre, Verwendung als Furnier- und Möbelholz
  • Obstbau: z.B. Apfel-, Kirsch-, Walnussbäume

Grundsätzlich gibt es keine Vorgaben, wie die Bäume auf der Fläche zu pflanzen sind. Sie können einzeln auf der Fläche verteilt werden (z.B. in Obstplantagen). In der Regel werden sie jedoch in Streifen gepflanzt, da sie leichter mit Maschinen zu bewirtschaften sind. In Agroforstsystemen ist der Anteil der Ackerfläche in der Regel größer als der Anteil der Baumfläche.

Was sind die Vorteile von Agroforstsystemen?

Agroforstsysteme vermindern die Auswirkungen der folgenden Klimawandeleffekte:

  • Starke Regenfälle
  • Dürre
  • Hitze/Strahlung

Agroforstwirtschaft hilft Landwirtinnen und Landwirten unter anderem dabei

  • die Auswirkungen extremer Wetterereignisse zu verringern
  • die Bodenerosion durch Wind und Wasser zu verringern
  • die Bodenfruchtbarkeit durch geschlossene Nährstoffkreisläufe und Humusanreicherung zu erhöhen
  • die landwirtschaftlichen Einträge in Grund- und Oberflächengewässer zu minimieren
  • den Düngemittel- und Pestizideinsatz auf den Flächen zu verringern
  • die Wasserinfiltration zu verbessern

Weitere soziale und ökonomische Vorteile der Agroforstwirtschaft sind unter anderem:

  • Diversifizierung der Einkommensquellen und Erweiterung der Produktpalette
  • positive Ertragseffekte und höhere Ertragsstabilität bei einjährigen Kulturen durch Verbesserung des Mikroklimas
  • bessere saisonale Verteilung der Arbeitsspitzen (Waldbewirtschaftung überwiegend im Winter)
  • Oft Bereitstellung von Viehfutter (z.B. Weide, Eiche)
  • Verbesserung des Landschaftsbildes mit positiven Auswirkungen auf Tourismus und Lebensqualität
  • Schaffung regionaler Märkte für Agroforstprodukte und deren Verarbeitung
  • Nachhaltige Energieversorgung

Durch Agroforst können neue Einkommensquellen erschlossen werden. Mögliche Produktpalette:

  • Verschiedene Kulturpflanzen
    • z. B. Gemüse, Getreide, Ölsaaten
  • Tierische Produkte
    • z. B. Fleisch, Wurstwaren, Milchprodukte, Eier, Honig, Wolle
  • Produkte aus Holz
    • z. B. Edelholz
    • Brennholz (vor allem aus Kurzumtriebsplantagen): Hackschnitzel, Rinde oder Holzmulch, Brennholz
  • Früchte und Nüsse (z. B. Kirsche, Apfel, Pflaume, Walnuss)
    • z. B. frische Früchte und Nüsse, Säfte, Konfitüren, Trockenfrüchte, Obstbrände, Nussaufstriche usw.
  • Pilze

Ökologische Vorteile der Agroforstwirtschaft:

  • Kohlenstoffsenken durch erhöhte oberirdische und Boden-Biomasse – nachhaltige C-Bindung besonders bei Wertholz und Obstbäumen
  • Erhöhung der Biodiversität
  • Verhinderung von Entwaldung (besonders relevant in Ländern, in denen keine nachhaltige Forstwirtschaft betrieben wird)
  • Schatten und Schutz bieten, was der Viehzucht zugute kommt und die Austrocknung des Bodens verlangsamt
  • Förderung von Nützlingen auf den Feldern
  • Schaffung von Extensivzonen in der Agrarlandschaft und von Rückzugsräumen für Wild (insbesondere Niederwild)
  • Erhöhung der Struktur- und Habitatvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen; Gehölzstrukturen und Säume in Agroforstsystemen bieten wertvollen Lebensraum für viele Pflanzen- u. Tierarten

Gibt es noch andere Auswirkungen von Agroforstsystemen?

Im Vergleich zu einjährigen Kulturen:

  • Höhere Investitions- und Bewirtschaftungskosten
  • Langfristige Kapital- und Flächenbindung aufgrund des eher langsamen Wachstums der Gehölze – Einschränkung der betrieblichen Flexibilität bei Verpachtung oder Verkauf von Flächen.
  • Erhöhter Arbeitsaufwand, da bei Agroforst neben der Bewirtschaftung von Acker- und Weideland auch Zeit für die Pflege der Bäume und Sträucher aufgewendet werden muss. Allerdings findet dies hauptsächlich in den Wintermonaten statt und steht so nicht in Konkurrenz zu anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten.
  • In einigen Fällen konkurrieren Gehölze und Ackerkulturen um Licht, Nährstoffe, Wasser und Wuchsraum.

Allerdings können die meisten negativen Auswirkungen vermieden oder zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert werden, wenn vor der Pflanzung eine sorgfältige Planung erfolgt und die Agroforstsysteme fachgerecht angelegt und bewirtschaftet werden.

Kosten und Rentabilität von Agroforstsystemen

Für den bewaldeten Teil fallen Kosten für Standortvorbereitung, Pflanzmaterial, Pflanzung, Baumschutz, ggf. Düngung, Pflege und Ernte an

Der größte Teil der Kosten entfällt auf die Pflanzung und Ernte.

Der wirtschaftliche Nutzen von Agroforstsystemen für den einzelnen Betrieb kann sich aus der möglichen Diversifizierung der Einkommensquellen und einer Steigerung der Flächenproduktivität ergeben.

Aufgrund der Vielfalt der Systeme und Nutzungen muss die ökonomische Rentabilität für jeden Betrieb individuell bewertet werden.

Auch eine staatliche Förderung von Agroforstsystemen sollte in Betracht gezogen werden.

Aufgabe

Nennen Sie zwei sozioökonomische und zwei ökologische Vorteile der Agroforstwirtschaft.

Welche Vorteile haben Agroforstsysteme im Hinblick auf den Klimawandel?

Arten von Agroforstwirtschaft

Es gibt drei Haupttypen von Agroforstsystemen:

  1. Silvoarable Systeme
  2. Silvopastorale Systeme
  3. Agrosilvopastorale Systeme

Weitere Agroforstsysteme*:

Windschutzhecken:
Hecken um Kulturpflanzen sind besonders in exponierten, offenen Landschaften wichtig. Sie bremsen den Wind und sorgen für ausgeglichenere klimatische Bedingungen auf dem Feld.

Gewässerschutzstreifen:
Gehölze dienen als „Puffer“ zwischen landwirtschaftlichen Flächen und Gewässern. Die Bäume und Sträucher sollen Erosion verhindern und das Wasser vor den negativen Einflüssen der konventionellen Landwirtschaft

Arten von Agroforst

Silvoarable Systeme

Zeichnen sich durch den gleichzeitigen Anbau von Gehölzen/Bäumen und einjährigen landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Kulturen aus. Es gibt verschiedene Arten. Zum Beispiel:

  • Alley Cropping
  • Kurzumtriebs-Alley-Cropping Systeme
  • Heimische Gärten
  • Shifting Cultivation
  • Forest Farming
  • Erzeugnisse: Feldfrüchte, Energieholz (insbesondere Holzhackschnitzel)
  • Region: Deutschland
  • Gekennzeichnet durch parallele Baumstreifen, die aus einer oder mehreren Reihen schnellwachsender Baumarten wie Pappeln, Weiden oder Robinien bestehen. Zwischen den Streifen wird konventionelle Landwirtschaft betrieben.
  • Die Bäume werden im Kurzumtrieb angebaut und alle 3-6 Jahre maschinell geerntet. Sie werden bis auf den Stamm zurückgeschnitten und treiben im nächsten Jahr wieder aus (sehr schnelle Rentabilität).
  • Aufgrund der größeren Abstände zwischen den Baumstreifen und der Tatsache, dass die Bäume durch die häufige Ernte relativ niedrig bleiben, kann sich in der Regel kein geschlossenes Kronendach entwickeln.
  • Daher ist die Beschattung oft eher gering und viele positive Eigenschaften (z.B. Windgeschwindigkeit, Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung) sind nicht so ausgeprägt.

Sind eine Kombination aus Forstwirtschaft und Viehhaltung in Weidelandschaften.

Zum Beispiel:

  • Waldweiden (Hute)
  • Halboffene Weidelandschaften (z. B. Schafe auf der Heide)
  • Streuobstwiesen
  • Erzeugnisse: Tierische Erzeugnisse, Heu/Futtermittel, Obst (vor allem Äpfel, Birnen, Kirschen)
  • Region: vorwiegend Mitteleuropa
  • Traditionelle bäuerliche Form des Obstbaus
  • Charakteristisch ist der Anbau von hochstämmigen Obstbäumen auf Wiesen oder Weiden („Streuobstwiese“), gelegentlich auch auf Ackerland („Feldobstwiese“).
  • Die verwendeten Bäume unterscheiden sich in der Regel nach Alter, Art und Sorte.
  • Streuobstwiesen sind in Mitteleuropa stark gefährdete Biotope und haben eine große Bedeutung für die Artenvielfalt.
  • Die Beweidung dieser Wiesen ist beispielsweise mit Schafen üblich.

Kombinieren alle drei Elemente, also Bäume, Tiere und Kulturpflanzen.
Zum Beispiel:

  • Heimische Gärten
    • … ein komplexes, vielschichtiges System aus mehreren Pflanzen- oder Tierarten, das intensiv bewirtschaftet wird und häufig in tropischen Gebieten anzutreffen ist.
    • Vieh und einzelne Bäume auf Ackerland, das nach der Ernte als Weideland genutzt wird.
  • Dehesas
    • … basierend auf der Nutzung von Bäumen und Baumprodukten, Weidewirtschaft und dem zeitweiligen Anbau verschiedener Feldfrüchte in halboffenen Weidelandschaften in Spanien (oder Portugal). Hauptsächlich werden Kork- oder Steineichen verwendet.
  • auch Getreideanbau mit Bäumen zur Wertholznutzung kann agrosilvopastoral sein, wenn bspw. Imkerei betrieben wird, um zusätzlich von den Blüten der Bäume zu profitieren.
  • Erzeugnisse: Holz, tierische und pflanzliche Produkte, Obst und Gemüse
  • Region: Tropen und Subtropen
  • Ein komplexes, vielschichtiges System aus mehreren Pflanzen- und Tierarten.
  • Schattentolerante Pflanzen, die auch im Unterwuchs akzeptable Erträge liefern können, werden hauptsächlich als Unterwuchs genutzt (oft Gemüse).
  • Bäume können viele verschiedene Funktionen im System erfüllen, z.B. als Schattenspender oder Stickstofffixierer, als Erosions- und Bodenschutz, als Schutz für und vor Tieren oder als Insektenbarriere.
  • Mit einem gut durchdachten Managementplan, bei dem kompatible Pflanzen ausgewählt werden, kann man negative Konkurrenz und Ertragsverluste minimieren.

Aufgabe

Welche neuen Einkommensquellen können Sie sich durch die Einführung von Agroforstsystemen vorstellen?

Welche Formen der Agroforstwirtschaft sind für Ihren Betrieb geeignet? Welche Vor- und Nachteile hat die gewählte Form?

Gruppenarbeit: Sie überlegen, auf einem Ihrer Getreidefelder (6 ha) versuchsweise Bäume anzupflanzen. Entwickeln Sie ein Konzept, wie Sie die Bäume auf dieser Fläche etablieren können (Anordnung/Ausrichtung). Worauf müssen Sie dabei achten?
Denken Sie z.B. an Beschattung und Praktikabilität.

Quiz

Referenzen

Weitere interessante Informationen und hilfreiche Tools:

AGFORWARD – Projekt-Website mit vielen Informationen in mehreren Sprachen:agforward.eu

Agroforstliche Entscheidungshilfe – ein sehr hilfreiches Planungsinstrument, das derzeit nur für Brandenburg verfügbar ist, aber einen guten Einblick bietet: agroforst-info.de/entscheidungshilfe

European Agroforestry Federation – hier werden u.a. Neuigkeiten und Veranstaltungen veröffentlicht: euraf.net

Verwendete Quellen:

Federal Office for Agriculture and Food (of Germany). “Agroforstwirtschaft – ökologisch und ökonomisch vielversprechend“. Praxis-agrar. praxis-agrar.de/…/agroforstwirtschaft. Accessed 24 January 2024.

Food And Agriculture Organization of the United Nations. “Agroforestry – Definition“. fao.org. fao.org/forestry/…/en. Accessed 24 January 2024.

Food And Agriculture Organization of the United Nations. Sourcebook Climate Smart Agriculture. 2013.

German Association for Agroforestry (DeFAF). “Pro und Contra Agroforst“. agroforst-info.de/chancen. Accessed 31 January 2024.

German Association for Agroforestry (DeFAF). “Arten von Agroforstsystemen“. agroforst-info.de/arten. Accessed 31 January 2024.

Lake Constance Foundation. “Agroforst“. genial-klima.de/module/agroforst. Accessed 26 January 2024.