Kreislaufwirtschaft 2.0

Einleitung

Dem von linearem Denken geprägten Wirtschaftsleben setzt Eberhard Räder das Denken in Kreisläufen entgegen. Das Denken in Kreisläufen wird den Landwirten quasi in die Wiege gelegt und gehört zu deren Tagesgeschäft. Grade im Ökolandbau zielt man darauf ab, so wenig wie möglich von außen zuzuführen. Das macht Sinn. Denn Kosten, die erst gar nicht entstehen wirken sich genauso positiv auf die Geschäftszahlen aus wie steigende Umsätze. Eine intelligente Fruchtfolge und Düngepraxis ist zentraler Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft: Gründüngung und Tiermist halten den Boden fruchtbar. Dort, wo Ackerbau dominiert, gibt es viele Futter-Mist Kooperationen um natürliche Kreisläufe zu erhalten und an neue Betriebsgrößen und Spezialisierungsgrade anzupassen.

Verwandte Module:
Name des Landwirts/Unternehmers oder der sonstigen Initiative
Eberhard Räder
Jahr der Gründung der Initiative
1987 (Hofübergabe), 1988 (Aussiedlung)
Standort
Bastheim

Beschreibung des Beispiels

Eberhard Räder bewirtschaftet den Betrieb seit dem Jahr 2000 ökologisch nach den Richtlinien des Naturland-Verbandes. Nach der Übernahme des elterlichen Betriebes gründete Räder das Hofgut mit einem Zuchtsauenstall an einem Aussiedlungsstandort.

Ein älterer, umgebauter Stall diente bis 2022 als Vormaststall für den 2001 errichteten Haupt-/Endmaststall. Die Mast erfolgt bis 130–140 kg.

Die 2008 erbaute Bio-Biogasanlage wird mit Felderzeugnissen -vor allem Gras und Kleegras- und dem Mist aus beiden Ställen gespeist. 2011 wurde die Biogasanlage von 190 auf 250 kW erweitert. Die überschüssige Wärme der Biogasanlage wird durch ein 2,5 km langes Nahwärmenetz und in der Trocknungsanlage für Druschfrüchte verwertet. Mittlerweile wurde die Biogasanlage mit einer BHKW Leistung von 1210 KW elektrisch fünffach überbaut, und es wurde im Wärmesystem ein 1.000m3-Warmwasserspeicher ergänzt, um dem Charakter einer Biogasanlage – nämlich eine Wärme-Kraft-Anlage – gerecht zu werden.

Als Futter für die Schweine dienen neben den Malzkeimen unter anderem Getreide und Erbsen vom eigenen Betrieb oder benachbarten Bio Landwirten. Der Betrieb besitzt eine eigene Mahl- und Mischanlage. Die Fütterung ist automatisiert und wird ad libitum angeboten.

Die Vermarktung der Schweine erfolgt über die Naturland Marktgesellschaft und einem Direktvermarkter.

Herr Räder wirtschaftet mit 3 Mitarbeitern und einem Azubi auf einer Höhenlage von 290–420 m über N.N.

  • Durchschnittliche Niederschläge: 620 mm
  • Durchschnittliche Ackerzahl: 40 (20–70)
  • Durchschnittliche Grünlandzahl: 30
  • Bodenart: sandiger Lehm bis lehmiger Ton

Mittlerweile werden über 300ha landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet.

Landwirtschaftliche Haupttätigkeit und multifunktionale Aktivitäten

Die primäre landwirtschaftliche Tätigkeit in ist die gemischte Landwirtschaft mit Tierhaltung, Ackerland und Grünland. Zu den multifunktionalen Tätigkeiten gehören die Bewirtschaftung von Wiesen und Ackerland unter den Aspekten und Zielsetzungen der Biodiversität und Verbesserung der Böden. Das Gras und Kleegras der Flächen bildet zusammen mit dem Mist der Schweine das Substrat für die Biogasanlage. Der Gärrest wird während der Vegetation auf den Feldern ausgebracht. Die Schweine liegen in geräumigen Buchten mit Stroh. Mit der Abwärme des BHKW´s werden in der Gemeinde öffentliche Gebäude und private Häuser geheizt.

Kritische Herausforderungen für den Betrieb/die Region

  • Auswirkungen des Klimawandels (extreme Wetterbedingungen, Erossion, Wasserverfügbarkeit)
  • Verschlechterung der Bodengesundheit
  • wirtschaftlicher Druck auf die Landwirte.
  • Generationenwandel/ ruhende Betriebe

CSA-Aktivität

Grund für die Teilnahme an der CSA/ Auslösendes Moment für die Umsetzung

Mit seinem Gesamtkonzept wagt sich Eberhard Räder gleich an mehrere schwierige Themen und löst diese auf vorbildliche Art: die Biogasanlage wird mit Mist und Kleegras betrieben – steht also nicht in Konkurrenz zum Anbau von Lebensmitteln. Und die Schweinemast folgt einem durchdachten System – ohne Spaltenböden dafür mit Auslauf ins Freie. Jede Bucht hat einen Auslauf mit Stroh, innen ist der Liege- und Fressbereich. Dem Stall fehlt jeder unangenehme Geruch, den Tieren geht es sichtlich gut. Das Futter wird überwiegend am eigenen Hof produziert, der Mist landet über die Biogasanlage wieder als Gärrest auf den Feldern.

Auch der Ausbau des Ökolandbaus in Bayern und die Unterstützung Umstellungsinteressierter Berufskollegen und Berufskolleginnen liegt ihm am Herzen. Daher teilt er sein Wissen und seine Erfahrung neben ca. 100 weiteren langjährig ökologisch wirtschaftenden bayerischen Betrieben im Rahmen des BioRegio Betriebsnetzes mit Umstellungsinteressierten, sowie Schülern in Landwirtschafts- und Hauswirtschaftsschulen. Weitere Informationen zum BioRegio Betriebsnetz und den Kontakt finden Sie hier.

Beschreibung der Innovation

Der überzeugte Bio-Pionier bringt eigene Innovationen in der Erzeugung hervor und nutzt den Austausch mit anderen Praktikern und auch die Schnittstelle zur Forschung.

Die für diverse Maßnahmen auf den Flächen und in der Viehhaltung genauso wie im Bereich der Energieerzeugung -vorhandenen Förderrahmen nutzt er als zusätzlich notwendigen Erlös im operativen Bereich und als Unterstützung bei investiven Maßnahmen.

  • Wissensaustausch: Austausch, Organisation von Schulungen für Landwirte zu verschiedenen CSA-Praktiken, 
  • Technologieeinführung: Förderung des Einsatzes von Technologien, die nachhaltige Praktiken fördern, wie z. B. Spezialmaschinen im Ackerbau
  • Innovation: eigene Verfahren zur Kompostierung aus Gärsubstrat und Hackschnitzeln.

In vielen Bereichen ist er Pionier, unter anderem im Bereich „Bio-Biogas“, dessen Konzept in großen Teilen auch Kleegras fußt, dessen Bilanz für Boden und Energie im Gesamten sehr gut ausfällt.

Umsetzungsprozess der Innovation & angewandte Methoden des Innovationsmanagements

Eberhard Räder ist zum einen in das regionale und überregionale Netz von Landwirten eingebunden. Im bestehenden Förderrahmen gibt es Bedarf und Möglichkeiten aus der Praxis heraus.

Neben dem Austausch und der Einbindung in Förder- und Forschungsprojekte ist dem Landwirt daher insbesondere der offene Austausch und die gemeinsame Weiterbildung unter Berufskollegen wichtig.

Heutige Ergebnisse dieser Implementierung

Der Betrieb ist aufgrund der ständigen ressourcen-technischen Optimierung im Sinne der Nutzung bereits vorhandener Energien und Verkürzung und optimales Timing der Logistik weitgehend energie-optimal. Und es wird weiterhin an der Optimierung gearbeitet. Neben der Bio-Biogasanlage wurden mittlerweile auch alle Dächer mit PV-Modulen belegt und es wird an der noch weiter gehenden Elektrifizierung des Hofes mit seinem Bedarf nachgedacht.

Es werden im Gesamtbetrieb folgende Ziele verfolgt und erreicht:

  • Bewältigung der klimatischen Herausforderungen: Förderung von Praktiken, die die Biodiversität und Qualität der Böden erhöhen, wie z. B. die Verbesserung der Bodengesundheit zur Kohlenstoffbindung und Verringerung der Erosion.
  • Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Steigerung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe durch optimiertes Ressourcenmanagement im regionalen B2C-Geschäft.
  • Externe Effekte: Blühende Landschaft, Naturschutz, Insektenschutz

 

SWOT des Beispiels heute

Stärken

Bewältigung kritischer Herausforderungen des Klimawandels

Förderung klimafreundlicher und nachhaltiger Praktiken

Ressourcen- und Energieeffizienz

Potenzial zur Marktdifferenzierung durch hohe Qualität, Regionalität, Energie- und Ressourceneffizienz

Aufbau von Kompetenzen und Wissen unter den Landwirten

Schwachstellen

(noch) Abhängigkeit von öffentlichen Förderrahmen

Sicherstellung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und Erschwinglichkeit verschiedener boden- und biodiversitätsschonender Technik

Möglichkeiten

Wachsendes Interesse der Verbraucher an regionalen und nachhaltigen Produkten: Nahrungsmittel und Energie

Ausbildung/ Schulung der Betriebsleitung

Die umfangreiche Erfahrung des Hofbesitzers und seine Bereitschaft, innovative Lösungen anzunehmen, spielten eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung.

Neben dem Praxisaustausch mit Pionieren nicht nur der Landwirtschaft und Bio-Branche spielt die ständige Optimierung und die eigene Reflektion eine große Rolle.

Ausblick/ Ziele

  • Eberhard Räder steht für ein schlüssiges und in sich stimmiges Verständnis von Landwirtschaft, das nicht nur auf Produktion von Lebensmitteln (Nahrung & Energie), sondern auf das gute Leben und Miteinander und auf die Berücksichtigung der Umwelt ausgerichtet ist.
  • Er wird weiter an der ständigen Optimierung arbeiten und immer wieder auch Vorreiter sein und unkonventionelle Wege beschreiten

 

Gelernte Lektionen/Empfehlungen

Eberhard Räder hat nach wie vor große Motivation und eine von Grund auf ökologische Lebenseinstellung. Auch wenn konventionelle Landwirtschaft kurzfristig ggf. einfacher scheint, so ist der Bio-Landbau für ihn das absolut tragende Konzept.

Das schließt jedoch nicht weiteres Lernen aus, sondern beinhaltet eben gerade ein lebenslanges Lernen.

Der Boden muss so bewirtschaftet werden, dass er sich verbessert, und so gepflegt und ausgerichtet werden, dass die gewünschte präferierte Kulturpflanze sich schneller entwickeln kann als die Ackerwildkräuter.

Ergebnis, Erfolg und Risikofaktoren

Wie sieht die heutige Situation aus?

Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Betriebskonzeptes, den Boden möglichst lange grün zu halten und das Bodenleben zu versorgen. Dabei spielt die Bodenruhe im Kleegrasjahr eine große Rolle. Nach Roggen kommt das Kleegras. Danach folgt das eigentliche Erntejahr, mit mindestens drei Schnitten, bis dann im nächsten Frühjahr der Sommerhafer kommt.

Eberhard Räder ist ein Unternehmer und damit kein Unterlasser. Er betreibt einen vollumfänglichen Betriebsansatz hinsichtlich der Breite und Tiefe seiner Prozesse, und arbeitet ständig an Energie- und Ressourcen-Optimierung und Effizienz.

Dabei ist ihm geringerer Einsatz sehr willkommen bei gleichem oder besserem Ergebnis.

Abhängigkeit von jeglicher Art von laufender Unterstützung/Subvention?

Öffentliche Mittel und Subventionen machen einen wichtigen Teil des Betriebsergebnisses aus. Die Mittel fließen stets aufgrund des operativen Wirtschaftens und von neuen investiven Maßnahmen.

Abhängigkeit von spezifischen regionalen/ persönlichen Aspekten?

Der Fokus des Projekts legt nahe, dass ein solches Vorgehen stets auf die spezifischen klimatischen und landwirtschaftlichen Herausforderungen der jeweiligen Region zugeschnitten werden muss.

Die Grundprinzipien sind jedoch gleichbleibend.

Anwendbarkeit in anderen Regionen/anderen Situationen.

Grundsätzliche Anwendbarkeit auch in anderen Regionen ist gegeben.

Ressourceneffizientes umweltschonendes Wirtschaften in Kreisläufen ist überall möglich. Die Grundprinzipien sind die gleichen. Es bedarf jeder Anpassung an die regionalen und lokalen Gegebenheiten sowohl in Erzeugung als auch Verarbeitung als auch Vermarktung.

Die von der EU und in diesem Fall dem Freistaat Bayern über KULAP und VNP geförderten CSA-Praktiken können auch in anderen Regionen angewandt werden, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, wie z. B. den Auswirkungen des Klimawandels, Wasserknappheit und der Verschlechterung der Bodenqualität. Allerdings müssen die spezifischen Technologien und Ansätze an die lokalen Bedingungen, Anbausysteme und die Verfügbarkeit von Ressourcen – nicht zuletzt auch den jeweiligen Förderrahmen – angepasst werden.

Schlussfolgerung

Das Projekt ist ein exemplarischer Schritt auf dem Weg zu einer exzellenten regionalen Qualität von Lebensmitteln, die im Rahmen einer klimafreundlichen und nachhaltigen Landwirtschaft erzeugt werden.

Durch die Förderung und die Offenheit für Wissensaustausch versetzt das Projekt auch andere Landwirte in die Lage, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen einzuführen, die Ressourceneffizienz zu verbessern und zur langfristigen Lebensfähigkeit der Landwirtschaft eingebettet in der jeweiligen Region beizutragen.