Einleitung

Der Junglandwirt Roman Wessela bewirtschaftet seinen Familienbetrieb im sächsischen Crostwitz nach den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft, welche auf die Wiederherstellung und Erhaltung von Bodenökosystemen abzielt. Im Jahre 2019 hat Herr Wessela mit ersten Versuchen zur Direktsaat begonnen. Zwei Jahre später erfolgte dann die großflächige Direktsaat-Umstellung. Heute verzeichnet er bereits diverse Erfolge und kann sicher dazu inspirieren, auf regenerative Landwirtschaft umzustellen, so den eigenen Betrieb gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen und dabei selbst etwas zum Klimaschutz beizutragen.

Verwandte Module:
Name des Landwirts/Unternehmers oder der sonstigen Initiative
Land- und Forstwirtschaftsbetrieb Roman Wessela
Jahr der Gründung der Initiative
Der Familienbetrieb wurde 1991 gegründet.
Standort
Crostwitz, Sachsen, Deutschland

Beschreibung des Beispiels

Gesamtfläche

Zu dem Betrieb gehören 1030 ha Ackerland, ca. 65 ha Grünland und 240 ha Wald

Tierhaltung findet keine statt, allerdings gibt es Kooperationen mit tierhaltenden landwirtschaftlichen Betrieben, sodass die Flächen trotzdem beweidet werden.

Landwirtschaftliche Haupttätigkeit und multifunktionale Aktivitäten

Der Hauptfokus liegt auf dem Ackerbau.

Zusätzlich wird Forstwirtschaft betrieben und diverse Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen angeboten. Außerdem gibt es eine Getreidelagerhalle zur Lagerung der eigenen Ernte.

Kritische Herausforderungen für den Betrieb/die Region

Die Böden sind sehr divers, die Wasserversorgung gestaltet sich auf einigen Flächen besonders schwierig und auch ungleichmäßig verteilte Niederschläge sowie zunehmende Hitzeperioden sind eine Herausforderung für den Betrieb. Daher ist es wichtig, die Infiltrationsleistung und Wasserhaltefähigkeit der Böden zu verbessern.

CSA-Aktivität

Grund für die Teilnahme an der CSA/ Auslösendes Moment für die Umsetzung

Die heterogenen Böden haben Herrn Wessela angeregt, über Bewirtschaftungsalternativen nachzudenken. Durch die heißen Sommer vergangener Jahre, insbesondere im Jahr 2018, wurde die Notwendigkeit für eine Systemumstellung deutlich. Herr Wessela suchte nach Möglichkeiten, um Wasser einzusparen und sich dabei gleichzeitig finanziell absichern zu können, um zukünftig die Anfälligkeit gegenüber Missernten zu minimieren. Generell sollen so die Klimawandelfolgen für den Betrieb abgeschwächt werden.

Beschreibung der Innovation

Herr Wessela folgt den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft. Ihr liegen fünf Prämissen zu Grunde. Diese sind die 

  1. minimale Bodenbewegung (Direktsaat), 
  2. die permanente organische Bodenbedeckung und Durchwurzelung des Bodens,
  3.  eine Förderung der Biodiversität, 
  4. der weitgehende Verzicht von künstlichen Produktionsmitteln sowie die 
  5. Integration von Tierhaltung auf den Flächen.

Ein zusätzliches Prinzip von Herrn Wessela ist der weitgehende Verzicht auf künstliche Produktionsmittel.

Der Boden spielt eine entscheidende Rolle im Klimawandel, da er große Mengen Kohlenstoff speichert, die ansonsten als CO₂ in die Atmosphäre gelangen würden. Pflügen zerstört die Bodenstruktur, fördert die Freisetzung dieses gespeicherten Kohlenstoffs und verringert die Wasserspeicherkapazität des Bodens, was zu erhöhten Treibhausgasemissionen, verminderter Bodenfruchtbarkeit und Missernten durch zunehmenden Wassermangel führt. Zudem wird durch Pflügen die Erosion begünstigt. Pfluglose Anbautechniken erhalten also die Kohlenstoffspeicherfunktion und Wasserspeicherkapazität und tragen so dazu bei den Klimawandel und seine Folgen zu verlangsamen. Hier setzt die Direktsaat an. Bei ihr handelt es sich um eine Anbaumethode, bei der das Saatgut direkt in ungestörten Boden eingebracht wird, ohne diesen vorher zu pflügen oder zu bearbeiten. Dies fördert den Erhalt der Bodenstruktur.

Herr Wessela hat zur Risikostreuung und zur Erhöhung der Biodiversität die Fruchtfolge umgestellt. Früher war sie sehr getreidelastig, heute findet man unter anderem mehr Leguminosen, insbesondere Erbsen und Sojabohnen. Insbesondere letztere leiden weniger unter Hitzestress und unterscheiden sich hinsichtlich des Wasserverbrauchs im Laufe einer Vegetationsperiode. Bleibt der Regen für ein, zwei Monate aus, kann der Ernteertrag der einen Frucht den potenziell geringeren Ertrag der anderen ausgleichen oder zumindest abpuffern. Da auch die Erntezeitpunkte sich unterscheiden, kommt es zu weniger intensiven Arbeitsspitzen während der Ernte. Außerdem fixieren Leguminosen Stickstoff im Boden, tragen so zu einer besseren Nährstoffversorgung bei und ersetzen gleichzeitig energieintensiven Stickstoffdünger, was zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz des Betriebes beiträgt. 

Zusätzlich hat er verstärkt Zwischenfrüchte eingebracht. Diese unterdrücken Beikraut und tragen gleichzeitig zu einer erhöhten Biodiversität bei. Durch ihre Bodenbedeckung sind sie förderlich für den Humusaufbau, die Wasserspeicherung im Boden und eine Absenkung der Bodentemperatur. Auch Erosion wird dadurch verringert. Heute stehen auf rund 30 % der Betriebsfläche Zwischenfrüchte.

Des Weiteren hat Herr Wessela vermehrt auf die Nutzung von organischem Dünger umgestellt. So wird der Verbrauch von energieintensivem mineralischem Dünger reduziert. Dafür wurde eine Kooperation mit einer Schweinemastanlage ins Leben gerufen. Der Mastbetrieb erhält Futtermittel und stellt im Gegenzug den organischen Dünger zur Verfügung. Durch die Kooperation der Betriebe können landwirtschaftliche Reststoffe genutzt und Nährstoffkreisläufe auf regionaler Ebene geschlossen werden.

Umsetzungsprozess der Innovation & angewandte Methoden des Innovationsmanagements

Im Jahr 2019 wurden erste Versuche mit der Direktsaat durchgeführt. Es wurde das Verfahren an sich und die entsprechende Technik getestet. Im Jahr 2021 folgte dann die großflächige Direktsaat-Umstellung.

Verschiedene Maschinen wurden zunächst intensiv getestet, bevor sie gekauft wurden.

Methoden des Innovationsmanagements werden nicht bewusst angewendet. Zwar wurde beispielsweise eine gedankliche Chancen-Risiko-Analyse durchgeführt, diese hat Herr Wessela allerdings nicht verschriftlicht oder intensiv ausgearbeitet.

Heutige Ergebnisse dieser Implementierung

Die Erträge haben sich nicht verschlechtert. Viel mehr gab es eine Zunahme der Ernteerträge.

Sehr deutlich festzustellen ist die Kostenreduktion durch die angepassten Produktionsmethoden: Der Dieselverbrauch im Betrieb konnte um etwa 30 % reduziert werden.

Der Einsatz von mineralischen Düngern konnte reduziert werden.

Der Einsatz von Insektiziden und Fungiziden wurde verringert. Letztere konnten durch die Umstellung der Fruchtfolge eingespart werden, da so die Übertragung von Pilzen, insbesondere beim Getreide, eingedämmt wird. Allerdings konnte die Verwendung von Herbiziden bisher noch nicht eingeschränkt werden.

SWOT des Beispiels heute

Vorteile

Kostenreduktion, Reduktion der Arbeitszeiten und eine Entspannung der Arbeitsspitzen, da die Ernte durch die Fruchtfolge entzerrt wird. Man kann das Feld auch bei schwachem Regen befahren und nach starken Regenfällen früher wieder aufs Feld zurück, da der bewachsene Boden nicht an den Maschinen klebt. Außerdem langfristiges Einsparen von Maschinenkosten, gleiche bis mehr Erträge sowie geringerer Einsatz von Mineraldünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln. Auch ästhetisch ist ein Mehrwert vorhanden, insbesondere durch die dauerhafte Begrünung, die Zwischenfrüchte und die Integration der Tiere. Weniger Arbeitskräfte werden benötigt. 

Nachteile

Die Direktsaat ist zunächst eine finanzielle Belastung, da neue Maschinen angeschafft werden müssen, aber zunächst auch noch die alten Maschinen benötigt werden. Langfristig spart man aber deutlich an Maschinenkosten. Ist die Fruchtfolge nicht ideal oder gar nicht vorhanden, führt die Umstellung zu Ertragseinbußen. Die Verpächter und Anwohner sind zudem noch nicht an das Landschaftsbild gewöhnt. Hier ist Aufklärung gefragt.

Chancen

Durch steigendes Bewusstsein der Bevölkerung zukünftig bessere Vermarktung im Sinne der Direktvermarktung möglich. Bessere Klimawandelanpassungen und gestärkte Böden als CO2-Senke. 

Risiken

Einschränkung der chemischen Pflanzenschutzmittel, da diese aktuell noch dringend benötigt werden. Resistente Beikräuter. Drastischer Preisverfall für Leguminosen, da dann die Fruchtfolge eingeschränkt werden müsste.

Ausbildung/ Schulung der Betriebsleitung

Herr Wessela hat Agrarwirtschaft (B.Sc.) und Produktionsmanagement Agrarwirtschaft (M.Sc.) in Dresden studiert, dort hat er auch Grundlagenwissen zum Klimawandel erlangt.

An Fortbildungen zum Thema Klimawandel und Direktsaat nimmt er teil, wenn es ihm möglich ist. Er empfiehlt vor allem das große Online-Kursangebot der USDA, also dem Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten von Amerika, das leicht zugänglich ist.

Zudem hat er ein Praktikum bei Thomas Sander absolviert. Der sächsische Landwirt ist für seine langjährigen Direktsaat-Erfahrungen bekannt und zählt zu den Direktsaat-Pionieren Deutschlands.

Ausblick/ Ziele

Herr Wessela möchte mehr Bewusstsein für regenerative Landwirtschaft schaffen und auch bei Anwohnern für mehr Verständnis werben.

Er möchte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter verringern.

Auch der Humusaufbau ist ihm wichtig.

Zudem möchte er die Integration von Tieren auf der Fläche weiter ausbauen. Er denkt beispielsweise darüber nach, zukünftig selbst Geflügel zu halten.

Wünschenswert ist auch eine Erweiterung der Fruchtfolge.

Gelernte Lektionen/Empfehlungen

Man sollte resistent sein gegen Kommentare der Menschen in der Umgebung hinsichtlich deren (ästhetischen) Vorstellungen, da sie sich noch gepflügte Äcker wünschen und an dem neuen Landschaftsbild teilweise stören. Hier ist wie bereits erwähnt Aufklärungsarbeit ein wichtiger Aspekt.

Man kann aus den Fehlern anderer lernen. Reger Austausch mit anderen Betrieben, die regenerative Landwirtschaft betreiben, ist besonders hilfreich. Schließlich muss das Ganze dann an den eigenen Standort angepasst und einfach ausprobiert werden.

Bei Direktsaat muss man viel mehr draußen unterwegs sein und schauen, was der Status Quo ist. Dies kann aber auch eine willkommene Abwechslung sein. 

Gerade zur Aussaat kann es entmutigend sein, dass beispielsweise der Schädlingsdruck, unter anderem durch Mäuse, sich zunächst erhöht. Hiervon sollte man sich aber auf keinen Fall entmutigen lassen, da sich das Endergebnis auszahlt.

Nicht jeder Boden kann sofort umgestellt werden. Eventuell ist ein Zwischenschritt über die Mulchsaat notwendig. 

Die Fruchtfolge muss unbedingt beachtet werden. Es wird nicht nur die Technik umgestellt, sondern auch alles drumherum. Das Management ist also sehr entscheidend.

„Es ist unheimlich interessant zu beobachten, wie sich der Boden entwickelt und was er schafft, wenn man ihn in Ruhe lässt. Einen Tag bin ich rausgefahren, nachdem es geregnet hat. Ich dachte erstmal, dass wir Stroh auf der stark befahren Straße verloren hätten. Es stellte sich raus, dass die ganze Straße übersät war von Regenwürmern, die sich so stark vermehrt haben, dass sie jetzt auf der Suche nach neuen Futtergebieten waren. Sowas zu beobachten, freut einen natürlich sehr.“

Ergebnis, Erfolg und Risikofaktoren

Wie sieht die heutige Situation aus?

Die Direktsaat-Umstellung zeigt bereits Erfolge. Die Bodenstruktur der Flächen hat sich verbessert und die Erträge sind gut. Auch konnte der Verbrauch fossiler Brennstoffe deutlich verringert werden. Laut Herrn Wessela befinde man sich auf einem sehr guten Weg. Zwar benötigen bestimmte Standorte noch besondere Aufmerksamkeit, zum Beispiel dort wo viel Ackerschachtelhalm wächst, doch auch diese Probleme werden sich mit der Zeit auf ganz natürliche Weise verringern. Denn im Endeffekt zeigt diese Pflanze auch nur staunasse, verdichtete Böden an.

Abhängigkeit von jeglicher Art von laufender Unterstützung/Subvention?

Die Abhängigkeit von Subventionen hat sich im Vergleich zur Vergangenheit nicht verändert. Die Umstellung selbst ist nicht abhängig von Subventionen. Allerdings ist in der Umstellungsphase zunächst die finanzielle Belastung hoch. Mit der Zeit kann der Fuhrpark dann reduziert und so Kosten deutlich eingespart werden.

Abhängigkeit von spezifischen regionalen/ persönlichen Aspekten?

Eine gute Ausbildung bzw. Schulung der Mitarbeitenden ist sehr wichtig. Hier sollte man genug Zeit und Energie investieren.

Außerdem muss es Zugang zu tierhaltenden Betrieben geben, damit Tiere auf den Flächen gehalten werden können. Eigene Tierhaltung ist selbstverständlich auch eine Möglichkeit.

Für Herrn Wessela ist auch die räumliche Nähe zu Futtermittelabnehmern von Bedeutung.

Anwendbarkeit in anderen Regionen/anderen Situationen.

In der Größenordnung in der Herr Wessela die Direktsaat betreibt, ist eine Umstellung zunächst ein finanzielles Risiko. Dennoch ist es seiner Auffassung nach machbar und lohnenswert.

Regenerative Landwirtschaft und Direktsaat im Speziellen ist auf allen Böden möglich und damit auch gut übertragbar, sofern es keine ausgeprägte Staunässe gibt. 

Sollte man das Geld für die Maschinen nicht aufbringen können, gibt es mittlerweile auch Maschinenringe mit Direktsaattechnik, sodass man sich die Technik auch leihen kann, statt sie zu kaufen. Dies kann eine Umstellung deutlich erleichtern.