Hof Große-Kleimann

Einleitung

Der in Nordrhein-Westfalen gelegene Familienbetrieb Große-Kleimann, seit 2022 unter der Leitung von Jan Große-Kleimann, setzt auf innovative Agrarkonzepte. Etwa zeitgleich mit der Betriebsübernahme wurde ein Agroforstsystem (kurz: AFS) auf einer 10 Hektar großen Ackerfläche etabliert. Mithilfe freiwilliger Helferinnen und Helfer aus der Region pflanzte die Familie mehrere hundert Apfelbäume. Verwendet wurden alte Sorten, die nur in wenigen Supermärkten erhältlich sind. Auch Elsbeere, Walnuss und Wildbirne sowie zehn Feigen wurden angepflanzt. Das junge Agroforstsystem ist sehr erfolgsversprechend und kann als Inspiration dienen, selbst den Schritt hin zur Agroforstwirtschaft zu wagen.

Verwandte Module:
Name des Landwirts/Unternehmers oder der sonstigen Initiative
Familienhof Große-Kleimann
Jahr der Gründung der Initiative
Hofübernahme im Jahr 2022, Familienbetrieb seit mehreren Generationen
Standort
Steinfurt, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

Beschreibung des Beispiels

Gesamtfläche

Der Betrieb umfasst 220 ha Ackerbau und 3500 Mastschweine an 5 Standorten.

Landwirtschaftliche Haupttätigkeit und multifunktionale Aktivitäten

Der wirtschaftlichen Bedeutung nach geordnet: Mastschweine, regenerative Energieerzeugung durch Photovoltaik, Ackerbau, regenerative Energieerzeugung durch Windkraft, Agroforst

Kritische Herausforderungen für den Betrieb/die Region

Kritische Herausforderungen sind hohe Pachtpreise sowie zunehmende Wetterextreme, die sich ganz verschieden gestalten können (zurzeit ungewöhnliche Feuchtigkeit, in vergangenen Jahren Dürre etc.).

CSA-Aktivität

Grund für die Teilnahme an der CSA/ Auslösendes Moment für die Umsetzung

Der Auslöser waren drei Dürrejahre in Folge, unter denen insbesondere der Boden gelitten hat.

Beschreibung der Innovation

Als Reaktion auf die wiederholt auftretenden Dürreperioden etablierte Familie Große-Kleimann ein Agroforstsystem mit 10 ha Schlaggröße und 0,6 ha Gehölzstreifenanteil auf ihrem Betrieb.

Es besteht aus 15 Baumreihen mit 3 m Breite und 30 m breiten Ackerstreifen. 

Entstanden ist die Idee durch eine Führung im Obst-Aboretum Olderdissen von Hans-Joachim Bannier; dort werden über 350 Apfelsorten ganz ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nebeneinander angebaut.

Es wurden diverse Bäume gepflanzt: 460 Apfelbäume, 20 Wertgehölze (Elsbeere, Walnuss, Wildbirne) sowie 10 Feigen. Folgende Apfelsorten wurden dabei verwendet: Ludwigs Rosenapfel, Discovery, Jakob Fischer, Alkmene, Ribston Pepping, Holsteiner Cox, Carmijn de Sonnaville, Finkenwerder Herbstprinz, Boskoop.
Verwendet wurden zweijährige, einmalig veredelte Apfelbäume, die im Frühjahr 2023 ein zweites Mal auf der Fläche mit den entsprechenden Wunschsorten veredelt wurden.

Umsetzungsprozess der Innovation & angewandte Methoden des Innovationsmanagements

2022 wurde das Agroforstsystem unter Beteiligung von freiwilligen Helferinnen und Helfern angelegt. 

In den Jahren 2025/26 wird mit der ersten richtigen Apfelernte gerechnet. 

Herr Große-Kleimann: „Man zahlt immer mal wieder Lehrgeld, aber grundsätzlich läuft es gut!“

Heutige Ergebnisse dieser Implementierung

Das Vorhaben hat umfangreiches öffentliches und privates Interesse generiert.

Es gibt eine erhöhte Insektenanzahl auf der Fläche (durch Agroforst-Monitoring festgestellt). 

Für den Betriebsleiter bringt das Agroforstsystem „jede Menge Lebensfreude“ mit sich.

SWOT des Beispiels heute

Vorteile

Unter anderem Klimaschutz, Artenvielfalt, höherer Biomasseertrag, Wasserschutz, Erosionsschutz, Risikostreuung.

Nachteile

Bis die Bäume tragen bzw. das Holz vermarktet werden kann, erwirtschaftet die Fläche keine Erlöse, viel Arbeit (u.a. durch lange Wege beim Mulchen und beim Obstbaumschnitt sowie durch den Schutz vor Wild, insbesondere Rehe), neue Arbeit bzw. Wissen, das sich angeeignet werden muss. Außerdem ist Agroforst noch sehr unbekannt in der Region, was die Aufpreisvermarktung erschwert.

Chancen

Der Pionierstatus kann das eigene Image positiv beeinflussen und Möglichkeiten zur Direktvermarktung auch von Nicht-AFS Produkten schaffen, der Betrieb wird klimaresilienter und zukunftsfähig, durch die alternative Form der Landwirtschaft attraktiv für Mitarbeitende/Praktikantinnen und Praktikanten, für viele Menschen ist es zudem sinnstiftender als die konventionelle Landwirtschaft/Tierhaltung

Risikos

Mangelnde Wertschätzung der Verbraucher (Preis) und Systemdesignfehler (z.B. Baumstreifen zu schmal gewählt)

Ausbildung/ Schulung der Betriebsleitung

Herr Große-Kleimann hat eine Ausbildung zum Landwirt sowie den Bachelor und Master in Agrarökonomie absolviert.

Er hat an einem Bodenkurs zur regenerativen Landwirtschaft bei Näser & Wenz teilgenommen.

Das Wissen zu Agroforstsystemen hat er sich größtenteils selbst angeeignet und teilweise Kurse besucht.

Ausblick/ Ziele

Ziel ist die ertragsstabile Etablierung des Apfelsystems und erfolgreiche Direktvermarktung der anfallenden Äpfel. 

Langfristig soll Agroforst auf allen Eigentumsflächen des Betriebes etabliert werden.

Gelernte Lektionen/Empfehlungen

Der Betrieb hat viel Anerkennung und Mithilfe erhalten, was zu noch größerer Motivation geführt hat. Wenn man sich traut, den Schritt zu gehen und die ersten Hürden zu überwinden, kann man viel zurückbekommen.

Es braucht zwar Geduld, aber die Mühe und das investierte Geld, das im Verhältnis zu teuren Maschinen nicht gerade viel ist, lohnen sich definitiv.

Man sollte unbedingt den Kontakt zu Betrieben suchen, die bereits Erfahrung mit Agroforstsystemen gesammelt haben. In Deutschland funktioniert das beispielsweise über die Agroforst-Landkarte vom DeFAF.

Ergebnis, Erfolg und Risikofaktoren

Wie sieht die heutige Situation aus?

Die Umsetzung des Agroforstsystems läuft gut, braucht jedoch Zeit. Bis die vollen Wirkungen der Bäume da sind, werden noch 3-5 Jahre vergehen müssen, teilweise sind aber jetzt schon Effekte auf den Boden, die Landschaft und Auswirkungen auf die Arbeitswirtschaft im Betrieb zu spüren. Dazu zählt beispielsweise die bereits genannte Zunahme an Insekten und generell Biodiversität, aber auch ein Imagegewinn für den Betrieb. Herr Große-Kleimann meint: „Es fühlt sich sehr gut und richtig an!“

Abhängigkeit von jeglicher Art von laufender Unterstützung/Subvention?

Auf dem Hof der Familie Große-Kleimann wurden knapp 2/3 der ursprünglichen Investition von LEADER gefördert. Das habe es deutlich einfacher gemacht, abhängig seien sie deshalb jedoch nicht von Förderungen. Laut Herrn Große-Kleimann ist die Herausforderung die finanzielle Lücke von der Pflanzung bis zum ersten monetären Ertrag. Diese sollte besser subventioniert werden, damit sich jeder Betrieb, der AFS etablieren möchte, dies auch leisten kann und nicht nur Betriebe, die aus anderen Betriebszweigen quersubventionieren können.

Abhängigkeit von spezifischen regionalen/ persönlichen Aspekten?

Laut Herrn Große-Kleimann ist es sehr hilfreich, dass er gemeinsam mit seiner Frau an die Öffentlichkeit tritt und den Betrieb für diese öffnet. Dank dieser Einstellung seien sehr viele Ideen, Unterstützung und Motivation entstanden. 

Auch die räumliche Nähe zum Ortskern eines knapp 20.000 Einwohner starken Ortes sei hilfreich. Das erleichtert die Kommunikation und auch die Vermarktung. So ist es auch leichter, die Menschen aktiv einzubeziehen.

Anwendbarkeit in anderen Regionen/anderen Situationen.

Wer Spaß am Obstbau und Möglichkeiten zur Vermarktung hat, kann dieses System sicher übernehmen. 

Dies sei das Schöne an Agroforstsystemen. Sie an den eigenen Betrieb, die Region und gegebene Vermarktungsmöglichkeiten der jeweiligen Erzeugnisse anzupassen, ist unheimlich einfach. Jeder landwirtschaftliche Betrieb kann also Agroforst betreiben, wenn das nötige Interesse vorhanden ist.