Vorwerk Podemus: Vom Land in die Stadt

Einleitung

Vorwerk Podemus steht seit über 30 Jahren für organischen Landbau, aktiven Naturschutz und ökologischen Enthusiasmus. Der historische Vierseitenhof steht bereits seit 1793 inmitten seiner Ländereien mit Schweine- und Kuhstall, Kartoffellager und den Wohnhäusern. Der Hof ist seit 1900 im Besitz der Familie Probst. Nach der Vertreibung 1960 begann 1991 ein neues Betriebskapitel. Mittlerweile vereint Vorwerk Podemus die gesamte Wertschöpfungskette: Von der Urproduktion über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung in eigenen Bio-Märkten. Dabei schätzt die Kundschaft in der Region Dresden nicht nur die Vielfalt des Bio-Betriebs.

Verwandte Module:
Name des Landwirts/Unternehmers oder der sonstigen Initiative
Bernhard Probst
Jahr der Gründung der Initiative
1991 (Wiedereinrichtung), 2001 (Hofladen)
Standort
Dresden

Beschreibung des Beispiels

Auf Vorwerk Podemus und seinen Partner-Betrieben werden Rinder, Schweine und Federvieh mit Liebe und Respekt aufgezogen und artgerecht gehalten. Die Kühe nutzen großzügige Ställe und genießen Freigang auf den eigenen Weiden. Währenddessen leben die langsam wachsenden Schweine gemütlich auf Stroh – natürlich mit Tageslicht und viel frischer Luft.

Das Futter für alle Tiere stammt aus eigenem Anbau – es werden immer nur so viele Tiere gehalten, wie der Hof aus eigener Kraft ernähren kann. Prophylaktische Arzneimittel, Fütterungsantibiotika oder Wachstumshormone sind im Betriebskonzept strikt verboten.

Die Bewirtschaftung der über 400 Hektar Acker- und Grünflächen erfolgt ohne synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel und Monokulturen. Die erosionsgefährdeten Lößböden werden durch vielseitige Fruchtfolgen und organischen Dünger fit gehalten – denn nur unbelastete Böden und sauberes Grundwasser sorgen für rückstandsfreie Lebensmittel.

Die Pflege und der Erhalt der Kulturlandschaft Zschoner Grund ist dem Betrieb ein Anliegen. Und auch die Kühe leisten hierzu einen wichtigen Beitrag in der Pflege der Streuobstwiesen.

Landwirtschaftliche Haupttätigkeit und multifunktionale Aktivitäten

Die primäre landwirtschaftliche Tätigkeit ist die gemischte Landwirtschaft mit Tierhaltung, Ackerland und Grünland. Zu den multifunktionalen Tätigkeiten gehören die Bewirtschaftung von Weiden und Ackerland unter den Aspekten und Zielsetzungen der Biodiversität und Verbesserung der Böden. Der Betrieb ist sehr breit und gleichzeitig sehr zugeschnitten auf den Verbraucher und die heutige Gesellschaft aufgestellt. Hohe Qualität zieht sich vom Feld bis zum Teller – alles aus einer Hand.

Kritische Herausforderungen für den Betrieb/die Region

  • Auswirkungen des Klimawandels (extreme Wetterbedingungen, Erosion, Wasserverfügbarkeit)
  • Aufarbeiten des „Herunterwirtschaftens“ in Zeiten der Planwirtschaft
  • Generationenwandel in der Landwirtschaft selbst, den Mitarbeitern und auch den Kunden

CSA-Aktivität

Grund für die Teilnahme an der CSA/ Auslösendes Moment für die Umsetzung

In der Direktvermarktung begann alles mit einem kleinen Kartoffel-Verkauf auf dem Hof in Dresden-Podemus. Mittlerweile gibt es elf Vorwerk Podemus-Biomärkte in Dresden, Radebeul, Freiberg, Pirna, Bautzen und Coswig. Einzigartig ist Vorwerk Podemus dahingehend, dass der Betrieb in Deutschland der einzige Biohof mit eigener Bioladen-Kette ist. Der Dreiklang aus Urproduktion, Verarbeitung und Vermarktung in den eigenen Läden hat sich dabei als optimale Wirtschaftsweise erwiesen.

Aktuell sind im Gesamt-Betrieb 220 Mitarbeiter beschäftigt. Besondere Stärke und Ursprungsgedanke der Biomärkte sind die vielen Produkte vom eigenen Hof: Die Logistik-Kette ist kurz. Die eigenen Erdgas-LKWs beliefern jeden zweiten Tag die Biomärkte. Von der frisch gemolkenen Milch bis zum Einhängen der Milchkanne in den Milchzapfanlagen, den Stadt-Eutern, vergehen beispielsweise nur wenige Stunden.

Nicht nur nebenbei sondern gezielt wird auf Kreisläufe und Ressourceneffizienz ein Fokus gerichtet. Sowohl in der Erzeugung als auch in der Verarbeitung und auch in den Märkten wird auf einen geringen ökologischen Fußabdruck geachtet. In Sachen Energieeffizienz, Abwärmenutzung der Kältetechnik ist Vorwerk Podemus vorbildlich – dies ist Chefsache und Bernhard Probst ́s Leidenschaft.

Beschreibung der Innovation

Nach der Hofübernahme 1991 und der Wiedereinrichtung des Landwirtschaftsbetriebes als vielseitiger Ökobetrieb, entstand1998/ 99 die erste Hoffleischerei auf Vorwerk Podemus. Aufgrund der immer steigenden Nachfrage nach Biofleisch, wurde in eine neue Produktionsstätte investiert und die heutige Hoffleischerei entstand: Für mehr Qualität, Kapazität und Vielfalt. Im Juni 2009 eröffnete auf ca. 1.200 m2 Produktionsfläche eine moderne Fleischerei mit nach wie vor handwerklicher Herstellung. Hier werden bis zu 10 t Fleisch und Wurst pro Woche verarbeitet.

Das Fleisch- und Wurstangebot steht unter dem Motto: Regionalität und Liebe zur Natur, artgerechte und stressfreie Tierhaltung, frische Gewürze und handwerkliche Schlachtung und Verarbeitung direkt am Hof. In der neuen Hoffleischerei, welche 2009 eröffnet wurde, wurden Schlachtung, Zerlegung, Verarbeitung sowie die Verpackung und Kommissionierung der Waren an einem Standort gebündelt. Da die Tiere direkt und ohne Umwege von regionalen Partnern gebracht werden bzw. direkt bei Vorwerk Podemus aufwachsen, ist hier nicht nur alles bio, sondern auch ganz im Sinne der Umwelt.

Bei der Herstellung wird konsequent auf künstliche Aromen, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe oder Reifebeschleuniger verzichtet. Grundlage ist bestes Bio-Fleisch, Gewürze, Buchenrauch für den Schinken und viel Zeit zum Reifen.

  • Wissensaustausch: Organisation von Workshops, Führungen und Schulungen für Landwirte, Agrar-Forschung, Politik und sonstige Gesellschaft
  • Technologieeinführung: Förderung des Einsatzes von einfachen Technologien auf Basis von Logik und Physik. Vieles in Eigenbau oder auf Basis eigener Ideen, wie z.B. im Grunde patentierbaren Verfahren oder Bauteile im Bereich des Stallbaus oder der Heutrocknung. Darüber hinaus auch bzgl. der gesamtbetrieblichen Energie- und Ressourceneffizienz.

Umsetzungsprozess der Innovation & angewandte Methoden des Innovationsmanagements

Bernhard Probst ist in vielen Bereichen erfolgreicher Pionier und baut als Grundlage dafür auf größtmögliche Transparenz, Klarheit und Wahrheit im persönlichen Umgang genauso wie in Verfahren, egal ob auf Basis der Zusammenarbeit von Menschen oder rein technischer maschineller Abläufe und Schnittstellen. Er ist als Vordenker in das regionale und überregionale Netz von Landwirten, Handwerk, Handel und Industrie eingebettet.

Er ist für Austausch und Einbindung in Förder- und Forschungsprojekten sehr offen. Ihm ist dabei wichtig, dass es um etwas Gemeinsames geht und etwas Bodenständiges. Er lebt als Landwirt die Praxis vor. Hier sind ein lebenslanges Lernen und Weiterentwickeln möglich.

Es entwickelt sich eine Aufwärtsspirale über das „Machen“, dass aufgrund der vorhandenen Erfahrung bereits deutlich ambitionierter ist als pures Verfahren nach „Versuch und Irrtum“, und jedenfalls vorteilig im Vergleich zu von Praxis losgelöster Theorie.

Heutige Ergebnisse dieser Implementierung

Der Betrieb ist aufgrund der ständigen ressourcen-technischen Optimierung im Sinne der Nutzung bereits vorhandener Energien und Verkürzung und optimales Timing der Logistik hochgradig energie-optimal. Und es wird weiterhin an der Optimierung gearbeitet.

Bei Vorwerk Podemus findet man keine Monokulturen, sondern ausgewogene Fruchtfolgen.

In der modernen Molkerei wird die Milch der Rinderherde verarbeitet, die im modernen, luftigen Stall zu Hause ist. Direkt dahinter schließt sich der Zschoner Grund mitsamt seinen weitläufigen Streuobstwiesen an – ideale Weideflächen! Die Tiere genießen dort von April bis Oktober die Kräuter- und Leguminosen-Vielfalt und ernähren sich von über 60 Pflanzenarten.

Gemolken wird zweimal täglich. Der Melkstand befindet sich direkt zwischen dem Stall und der Molkerei – so sind die Wege für Kühe und Milch kurz. Neben dem frischen Gras in den Sommermonaten, fressen die Tiere bestes Bio-Heu. Für eine ordentliche Milchleistung braucht es auch noch Kraftfutter (hofeigenes, gequetschtes Getreide und Mineralstoffe). Heumilch ist die ursprünglichste Form der Milchviehhaltung. In Sachsen ist sie noch eine Besonderheit.

Neben der Reichhaltigkeit der Inhaltsstoffe bringt die Heumilch noch einige positive Aspekte mit sich: die Wiesen werden schrittweise gemäht, d.h. immer nur so viel Gras, wie auch gerade in der Heuhalle getrocknet werden kann. So bleibt für die Insekten immer etwas stehen. Zum einen wird umweltfreundlich Futter durch nachhaltige Gründlandnutzung mit Wiederkäuern erzeugt und Humus auf anstatt ab gebaut. Zum anderen wird ressourcenschonend, müllfrei und mit geringem Energieaufwand gewirtschaftet. Die Trocknung des Grases in der Heuhalle erfolgt allein durch die Abwärme der Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Damit werden im Gesamtbetrieb folgende Ziele verfolgt und erreicht:

  • Bewältigung der klimatischen Herausforderungen: Förderung von Praktiken, die die Biodiversität und Qualität der Böden erhöhen, wie z. B. die Verbesserung der Bodengesundheit zur Kohlenstoffbindung und Verringerung der Erosion.
  • Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Steigerung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe durch optimiertes Ressourcenmanagement im regionalen B2C-Geschäft.
  • Verbraucherpräferenzen: Reaktion auf wachsende Nachfrage nach sinnvoll in Kreisläufen eingebettet erzeugten Lebensmitteln.
  • Externe Effekte: Blühende Landschaft, Naturschutz, Insektenschutz

 

 

SWOT des Beispiels heute

Stärken

Bewältigung kritischer Herausforderungen des Klimawandels

Förderung klimafreundlicher und nachhaltiger Praktiken

Ressourcen- und Energieeffizienz

Potenzial zur Marktdifferenzierung durch hohe Qualität, Regionalität, Energie- und Ressourceneffizienz

Schwachstellen

Komplexität des Gesamten auch für andere Führungspersonen in dieser Einfachheit führbar?

Hohe Investionskosten

Trotzdem abhängig von Ernteerträgen, Umwelteinflüssen, …

Gefährdung in allen Bereichen, dass die Lohnkosten steigern

Möglichkeiten

Wachsendes Interesse der Verbraucher an regionalen Produkten

Ausbildung/ Schulung der Betriebsleitung

Die umfangreiche Erfahrung des Hofbesitzers und seine Bereitschaft, innovative Lösungen anzunehmen, spielten eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung.

Neben dem Praxisaustausch mit Pionieren nicht nur der Landwirtschaft und Bio-Branche spielt die ständige Optimierung und der Blick ins Außen mit ständiger Reflektion eine große Rolle.

Das Wissen wird am Ende aus der Praxis und in der Praxis generiert werden. Dazu braucht es in der Praxis einen guten offenen Umgang und Lösungsorientierung.

Ausblick/ Ziele

  • Für Bernhard Probst steht für ein schlüssiges und in sich stimmiges Verständnis von Landwirtschaft vom Feld bis zum Teller, das nicht nur auf Produktion von Lebensmitteln, sondern auf das gute Leben und Miteinander ausgerichtet ist.
  • Er wird weiter an der ständigen Optimierung arbeiten und immer wieder auch Vorreiter sein und unkonventionelle Wege beschreiten, da genau dort die Innovation liegen wird, und nicht im vorgegebenen Terrain.
  • Innovation wird dabei bei Vorwerk Podemus stets in das traditionelle Wissen ergänzt. Es werden physikalische Grundprinzipien konsequent angewendet – egal ob Boden, Landmaschinen, Tier, Stallung oder die Energieerzeugung und -verwendung.

Gelernte Lektionen/Empfehlungen

Der Ökolandbau bei Vorwerk Podemus resultiert aus fester Überzeugung, großer Motivation und einer von Grund auf ökologischen Lebenseinstellungen. „Konventionelle Landwirtschaft wäre bedeutend einfacher“, sagt Bernhard Probst.

Der Boden muss so bewirtschaftet werden, dass die Kulturpflanze sich schneller entwickeln kann als die Ackerwildkräuter.

Über den Feldern von Vorwerk Podemus sind im Sommer Scharen von Vögeln sichtbar, und man hört die Insekten brummen. Ein gutes Zeichen für die ökologische Landwirtschaft. Ein insektenschonendes Mähen ohne Aufbereiter ist dem Betrieb wichtig. Auch die verhältnismäßig kleinen Ackerschläge, Blühstreifen und Hecken tragen zur großen Vielfalt von Tieren bei.

Ergebnis, Erfolg und Risikofaktoren

Wie sieht die heutige Situation aus?

Durch die extensive Bewirtschaftung, saisonal adäquate Nutzung und auch Bewirtschaftungsruhe ergibt sich freie Arbeitszeit, die der Landwirt für andere Tätigkeiten verwenden kann.

Bernhard Probst ist ein Unternehmer und damit kein Unterlasser. Er betreibt einen vollumfänglichen Betriebsansatz hinsichtlich der Breite und Tiefe seiner Prozesse.

Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Betriebskonzeptes, den Boden immer grün zu halten und das Bodenleben zu versorgen und damit die Grundlage für das Tierwohl am Hof zu schaffen.

Alles weitere beruht auf dieser bodenständigen Grundlage, und dies wird klar nach außen kommuniziert.

Abhängigkeit von jeglicher Art von laufender Unterstützung/Subvention?

Öffentliche Mittel und Subventionen machen einen erheblichen Teil des Betriebsergebnisses aus. Die Mittel fließen stets aufgrund des operativen Wirtschaftens.

Auf investive Zuschüsse und Förderungen wird stets verzichtet.

Abhängigkeit von spezifischen regionalen/ persönlichen Aspekten?

Die Lage des Hofs im Speckgürtel von Dresden und der Gesamt-Fokus des Projekts legt nahe, dass ein solches Vorgehen stets auf die spezifischen Standort-Fragen beruht. Tatsächlich scheint der Ansatz jedoch durchaus in Teilen kopierbar, angepasst und zugeschnitten an die klimatischen und landwirtschaftlichen Herausforderungen der jeweiligen Region, und angepasst an die unternehmerischen Fähigkeiten des Landwirts und seiner Mitarbeiter.

Anwendbarkeit in anderen Regionen/anderen Situationen.

Grundsätzliche Anwendbarkeit auch in anderen Regionen ist gegeben.

Ressourceneffizientes, umweltschonendes Wirtschaften in Kreisläufen ist überall möglich. Die Grundprinzipien sind die gleichen. Es bedarf je nach Anpassung an die regionalen und lokalen Gegebenheiten sowohl in Erzeugung als auch Verarbeitung als auch Vermarktung.

Schlussfolgerung

Das Projekt ist ein exemplarischer Schritt auf dem Weg zu einer exzellenten regionalen Qualität von Lebensmitteln, die im Rahmen einer klimafreundlichen und nachhaltigen Landwirtschaft erzeugt werden.

Durch die Förderung und die Offenheit für Wissensaustausch versetzt das Projekt auch andere Landwirte in die Lage, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen einzuführen, die Ressourceneffizienz zu verbessern und zur langfristigen Lebensfähigkeit der Landwirtschaft eingebettet in der jeweiligen Region beizutragen.