Digitale Technologien und klimasmarte Landwirtschaft

Index

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Einleitung

In diesem Modul lernen Sie die Auswahl und den Einsatz digitaler Technologien zur Unterstützung klimasmarter Landwirtschaft kennen.

9.1 Digitale Technologien im Kontext von Landwirtschaftspolitiken
9.2 Digitaler Technologien zur Unterstützung klimasmarter Landwirtschaft
9.3 Einordnung digitaler Technologien für die klimasmarte Landwirtschaft

Einordnung digitaler Technologien für die klimasmarte Landwirtschaft

Die COVID-19-Pandemie hat noch deutlicher gezeigt, wie wichtig es ist, in der Ausbildung und bei der Arbeit wirksame digitale Kommunikationssysteme zur Verfügung zu stellen. Landwirtschaftliche Entscheidungsunterstützungssysteme (Engl. Decision Support System, DSS) sind Software-Tools zur Verwaltung von Entscheidungen. DSS können auch mit smarten Maschinen und Geräten verknüpft werden und stellen damit einen Schritt in Richtung Landwirtschaft 4.0 dar. An der Schnittstelle von Digitalisierung und Landwirtschaftspolitiken geht es darum, die digitale Kluft im ländlichen Raum durch Investitionen schließen und den Betrieben die Möglichkeit zu geben, in die digitale Zukunft zu investieren. Digitale Kompetenzen und Ausbildung müssen diesen technologischen Prozess begleiten, indem die Betriebe wie der Rest der Gesellschaft, insbesondere junge Menschen, einbezogen werden. Für die EU-Förderperiode 2021-2027 haben die EU-Institutionen beträchtliche Finanzmittel für eine Digitale Agenda angekündigt, die größtenteils im Rahmen des Programms „Digital Europe Program“ (DEP) zur Stärkung eines Netzwerks europäischer digitaler Innovationszentren (EDIH) bereitgestellt werden.

Jüngste Berichte über die Analyse des Ausbildungsbedarfs (EIP-AGRI, New skills for digital farming, Februar 2020) haben gezeigt, dass die Nachfrage nach Online-Kursen für digitale Kompetenzen steigt. Wie im Fall von smart farming das Internet der Dinge (IoT) in Verbindung mit bewährten Praktiken auf dem Feld und der Einsatz von Software, die es den Betrieben ermöglicht, die Bodenbearbeitung und Düngung, die Behandlung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen sowie den Erntezeitpunkt in Abhängigkeit von den Wetter-, Boden- und Pflanzenwachstumsbedingungen zu steuern, um eine nachhaltigere Landwirtschaft zu betreiben.

Die hohe Spezialisierung des Feldgemüseanbaus unterstreicht die Bedeutung der modernsten technologischen Lösungen, die den Bedürfnissen der Betriebe nach nachhaltigeren, wirksameren und präziseren Pflanzenschutzmaßnahmen entsprechen. Auf dem Markt sind digitale Technologien verfügbar, die die Nachhaltigkeit und Effektivität der Leistungen verbessern, indem immer mehr automatisierte und benutzerfreundliche Maschinen und Geräte angeboten werden, die über Netzwerksysteme mit Hilfe von Apps auf PC, Tablet oder Smartphone miteinander verbunden sind.

Digitale Technologien, die auf der Präzisionslandwirtschaft (Engl. Precision Agriculture, PA) basieren, sind für die klimasmarte Landwirtschaft von strategischer Bedeutung. Das kombinierte Ziel der Reduzierung von Pestiziden und der Erhöhung der Arbeits-, Lebensmittel- und Umweltsicherheit kann durch PA unterstützt werden. Was Betriebe brauchen, ist die Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen, um das gesamte Potenzial digitaler Technologien nutzen zu können, einfach zu bedienende Maschinen, Geräte und Software, um die landwirtschaftlichen Produktionsphasen so weit wie möglich zu automatisieren, vertretbare Kosten für eine praktikable leistungsstarke Anschaffung und verfügbare Finanzmittel für Investitionen in digitale Technologien.

Diese Bedingungen stehen im Einklang mit dem neuen GAP-Programm 2021-2027. Dort ist festgelegt, dass 40 % der GAP-Ausgaben für die Ziele des Green Deal und die Förderung digitaler Technologien verausgabt werden sollen. Konkret sollen damit der CO2-Fußabdruck, der Verschmutzung durch Chemikalien und der Bodendegradation reduziert werden. Der Green Deal legt auch die Ziele einer neuen Strategie für die Europäische Union fest, die auf eine gerechte und wohlhabende Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft abzielt, die die Treibhausgasemissionen reduziert und bis 2050 zur ersten klimaneutralen Gesellschaft wird.

Digitale Technologien zur Unterstützung klimasmarter Landwirtschaft

Studien haben gezeigt, dass nur 50 % der Behandlungseffektivität mit den chemischen Betriebsmitteln selbst zusammenhängen, während der weitere Anteil der Effektivität mit den Entscheidungen zusammenhängt, wann, was und wie behandelt werden soll. Die Landwirtschaft kann durch den Einsatz von Sensoren, Drohnen und Robotern effizienter und nachhaltiger werden, indem Düngung, Bewässerung und Behandlungen optimiert werden und eine effektive Boden-/Pflanzenabdeckung erreicht wird, die den Einsatz von Chemikalien reduziert und Wasser spart. Der Traktor gilt nach wie vor als die am besten geeignete Maschine für die Feldbehandlung, da er eine Spritze tragen kann, die mehrere Reihen gleichzeitig behandelt. Die Kontrolle von Wetter-, Boden- und Pflanzendaten können dabei helfen, den aktuellen Zustand der Pflanzen zu erkennen und die Behandlung auf der Grundlage von datengesteuerten Modellen zu entscheiden.

ISOBUS, um ein weit verbreitetes System zu nennen, erlaubt die Programmierung und Verwaltung der Geräte. Das System passt die Einstellungen an die vorgefundenen Bedingungen an, indem es Wettervorhersagen, Boden-, Ernte-, Bewässerungs– und Felddaten überprüft.

Sensoren helfen nicht nur dabei, den Einsatz von Düngemitteln oder Pflanzenschutzmitteln zu begrenzen, sondern auch eine gute Bodenstruktur aufrechtzuerhalten. Diese ist für den Erhalt der Infiltrationskapazität wichtig ist, der für klimasmarte Landwirtschaft von großer Bedeutung ist.

Kulturen benötigen neben der Bodenfruchtbarkeit die richtige Menge an Wasser im Boden. Diese kann mit Hilfe von Sensoren kontrolliert werden. Die Sensordaten werden von einer Software analysiert und stellen die Basis für weitere Entscheidungen dar (z. B. zu bewässern).

Neben Sensoren im Feld können Drohnen relevante Feldinformationen liefern. Dazu zählen beispielsweise ein allgemeiner Überblick über Entwicklung der Kultur oder von Unkräutern sowie Krankheiten.

Daten von Drohnen und Sensoren unterscheiden sich in Bezug auf die räumliche und zeitliche Dimension. Drohnen beschreiben den Zustand einer Fläche, während Sensordaten den Zustand an einem Punkt erfassen. Im Gelände aufgestellte Sensoren erlauben die automatisierte, kontinuierliche Überwachung, z. B. des Pilzdrucks, während Drohnenflüge gesteuert werden müssen und Momentaufnahmen zum Zeitpunkt des Überfluges produzieren. Daten von Sensoren oder Drohnen können kombiniert oder für sich alleine ausgewertet werden und die Entscheidungsgrundlage für Betriebe verbessern.

Auf Ackerland oder im Dauerkulturanbau werden eine Vielzahl Arten mit unterschiedlichem Wasser- und Nährstoffbedarf angebaut. Wasser und Nährstoffe sind somit Schlüsselfaktoren, die zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sein müssen.

Eine Mischung aus Bodenanalyse, Ertragskartierung und Fernsensoren kann zu einem DSS beitragen, das die Bewässerung und Behandlung der Felder optimiert. Ein gesunder, nährstoffreicher, gut bearbeiteter und richtig bewässerter Boden mit Präzisionstechnologien, die die Fruchtbarkeit begünstigen, ist eine Voraussetzung, um die Pflanzen zu stärken und den Einsatz von Pestiziden zu begrenzen.

Im Gegensatz zu Ackerland, können die Wachstumsbedingungen im Gewächshaus im Wesentlichen kontrolliert werden. Auch hierbei können Sensordaten und DSS unterstützen ideale Wachstumsbedingungen herzustellen.

Basierend auf der Auswahl der installierten Sensoren und Aktuatoren bietet das DSS verschiedene Managementdienste und Mikroklima-Kontrollfotos für das Gewächshaus. Es erfasst, analysiert und verarbeitet die thermohygrometrischen Daten in Echtzeit und interveniert automatisch mit Warnmeldungen bei spezifischen Risikofällen für die Pflanzen.

Einordnung digitaler Technologien für die klimasmarte Landwirtschaft

Digitale Technologien und Vernetzung bieten ein enormes Potenzial. Sie können eine effizientere und nachhaltigere Agrar- und Lebensmittelproduktion gewährleisten. Allerdings ist die Digitalisierung an sich noch keine Garantie für positive Ergebnisse, da sie neue Herausforderungen mit sich bringen kann. Digitale Technologien sollten dazu genutzt werden, die Agrarsysteme nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen.

Landwirtschaftliche Betriebe sollten sich dazu mit den Möglichkeiten und Grenzen digitaler Technologien beschäftigen und regelmäßig abwägen, inwiefern sie einen Beitrag zur nachhaltigen Produktion leisten können. So können die Umwelteinflüsse der Landwirtschaft reduziert und die Erträge gehalten oder gesteigert werden und das in einem komplexer werdenden Umfeld, das von Klimawandel und Biodiversitätsverlust geprägt ist.

Schlussfolgerung

Digitale Technologien stehen in engem Zusammenhang mit der Möglichkeit, den Einsatz von chemischen Produkten, Treibhausgasemissionen und Bewässerung zu verringern, während sie gleichzeitig die Produktivität der Kulturen und die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe steigern können.

Es ist daher notwendig, eine breite und praktikable Nutzung digitaler Technologien für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe anzustreben, indem intelligente Maschinen und Geräte sowie Systeme zur Entscheidungsunterstützung weiter verbreitet und zugänglich gemacht werden.

Quiz

Aufgabe

  1. Beschreiben Sie, was für die Agro-Photovoltaik vorgesehen ist.
  2. Bitte begründen Sie die Bedeutung der Nutzung digitaler Technologien in Bezug auf:
    • Chemikalien reduzieren
    • Energie und Wasser sparen
    • Verringerung der Gasemissionen und des Kohlenstoff-Fußabdrucks
    • Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität

Referenzen

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Artale, V., Calmanti, S., Carillo, A., Dell’Aquila, A., Herrmann, M., Pisacane, G., Ruti, P.M., Sannino, G., Struglia, M.V., Giorgi, F., Bi, X., Pal, J.S., Rauscher, S., 2010: An atmosphere-ocean regional climate model for the Mediterranean area: Assessment of a present climate simulation. Climate Dynamics, 35 (5), pp. 721-740. ISSN: 09307575 ec-earth.org

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Turuncoglu, U.U., Sannino, G., 2016: Validation of newly designed regional earth system model (RegESM) for Mediterranean Basin. Climate Dynamics, pp. 1-29. DOI: 10.1007/s00382-016-3241-1